§ 69 StGB - Entziehung der Fahrerlaubnis (2025)

Allgemeines

Schutzzweckder Norm

5§69StGB bezweckt den Schutz der Sicherheit desStraßenverkehrs (BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04).

Maßregelcharakter

10Beider Entziehung der Fahrerlaubnis gemäߧ§ 69, 69aStGB handelt es sich nicht um eineNebenstrafe, sondern um eine Maßregelder Sicherung undBesserung. Ihre Verhängung und Dauer hängen dahernicht von der Schwere der Tatschuld, sondern ausschließlichvon der Ungeeignetheitsprognose ab (BGHSt 15, 393, 397; BGHR StGB§ 69a Abs. 1 Dauer 2 und 3; BGH,Beschl. v. 22.10.2002 - 4 StR339/02).

Zeitpunkt

15DieUngeeignetheit im Sinne des § 69 StGB muss noch imZeitpunkt des Urteils gegeben sein (st. Rspr.; BGHR StGB § 69Abs. 1 Entziehung 4 m.w.N.; BGH,Beschl. v. 5.11.2002 - 4 StR 406/02 -NStZ 2003, 312).

Allein die bisherige Verfahrensdauer vermag eine positive Prognose imSinne einer (nunmehr) bei den Angeklagten vorhandenen charakterlichenEignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht zubegründen (vgl. BGH NStZ 1992, 586; BGHR StGB § 69Abs. 1 Entziehung 6, 7; BGH,Urt. v. 27.7.2000 - 4 StR 189/00 - NStZ2001, 32). Liegen seit Begehung der abgeurteilten Taten drei bzw. mehrals drei Jahre zurück, ist es jedoch wenig wahrscheinlich,daß ergänzende, die Entziehung der Fahrerlaubnisrechtfertigende Feststellungen noch getroffen werden können.Jedenfalls erscheint es insoweit regelmäßigausgeschlossen, daß nach Aufhebung undZurückverweisung der Sache ein ursprünglicherEignungsmangel noch im Zeitpunkt der neuen tatrichterlichenEntscheidung fortbesteht (vgl. hierzu BGHR StGB § 69 Abs. 1Entziehung 2, 4; Athing in MünchKomm StGB § 69 Rdn.61 m.w.N.; BGH,Beschl. v. 31.5.2005 - 4 StR 175/03).

§ 69 Abs. 1 StGB


(1) Wird jemandwegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder imZusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter VerletzungderPflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nurdeshalbnicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nichtauszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wennsich aus der Tat ergibt,daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiterenPrüfung nach§ 62bedarf es nicht. ...

FrühereRechtsprechung

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Nachfrüherer ständiger Rechtsprechung war demTäter die Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Var.2 StGB wegen in der Tat zutage getretener mangelnder Eignung auch dannzu entziehen, wenn kein typisches Verkehrsdelikt vorlag, sondern wenndie im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugsbegangene Straftat der allgemeinen Kriminalität zuzurechnenwar - sog.Zusammenhangstat - (vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1Entziehung 8, 13; BGH,Beschl. v. 13.9.2000 - 3 StR 373/00; BGH,Beschl. v. 14.5.2003 - 1 StR 113/03 - StV 2004, 129; vgl.auch BGHRStGB § 69 Abs. 1 Entziehung 5 und 6; BGH,Beschl. v.22.10.2002 - 4 StR 339/02 betr. Gesamtabwägung undBegründungserfordernis). Dabei wurde der Begriff desZusammenhangs weit gefaßt. Es kam nicht darauf an, ob dieFahrt vor, während oder nach der Tat unternommen wurde.Wesentlich war vielmehr, daß das Führen desKraftfahrzeugs dem Täter für die Vorbereitung oderDurchführung der Straftat oder anschließendfür ihre Ausnutzung oder Verdeckung dienlich sein sollte(BGHSt 22, 328, 329; Geppert in LK 11. Aufl. § 69 Rdn. 33).

Danach wurde etwa in dem Transport von Drogen in Kraftfahrzeugen, derBenutzung als "fahrendem Kaufladen" oder des PKW als Ort zurAufbewahrung von zum Verkauf bestimmten Betäubungsmitteln einMissbrauch der Fahrerlaubnis gesehen, die auch ohneBeeinträchtigung verkehrsspezifischer Belange auf dieUngeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugenschließen liess (vgl. insoweit BGH StGB § 69 Abs. 1Entziehung 3; BGH NStZ 1992, 586; 2000, 26 f.; 2003, 658 ff.;BGH,Beschl. v. 19.11.2004 - 2 StR 431/04; BGH,Beschl. v. 18.2.2005 -2 StR 484/04; BGH,Urt. v. 21.4.2004 - 1 StR 522/03; BGH, Urt. v.26.9.2003 - 2 StR 161/03; BGH,Beschl. v. 13.5.2003 - 4 StR 518/02;vgl. aber: BGH,Beschl. v. 3.12.2002 - 4 StR 458/02; betr. Beifahrer:vgl. BGHSt 10, 333; BGH bei Holtz MDR 1978, 986 und MDR 1981, 453; BGH,Beschl. v. 17.12.2002 - 4 StR 480/02; BGH,Beschl. v. 6.8.2002 - 4 StR211/02 betr.Verkäufe in und aus dem Taxi; OLGDüsseldorf JMBI. NRW 2002, 208).


NeueRechtsprechung

32Nachdem Beschluss des Großen Senats für Strafsachendes Bundesgerichtshofs - (BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04) - tragendie vorgenannten Erwägungen nicht mehr (siehe nachstehend Rdn. 35 ff.).Danach reicht etwaallein die Benutzung eines Kraftfahrzeugs zum Transport von Rauschgift,insbesondere wenn durch ein präpariertes Versteck besondereVorkehrungen gegen eine Entdeckung des Rauschgifts getroffen wordensind, nicht aus.

Ungeeignetheit

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[ Definition]

35.5Ungeeignetheitim Sinne des § 69 Abs.1 StGBliegt vor,wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen odercharakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmendenobjektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme desTatbeteiligten am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbarenGefährdung der Verkehrssicherheit führen würde (BGH,Urt. v. 4.11.2014 - 1 StR 233/14; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 69Rn. 14). Dabei muss sich die Ungeeignetheit gerade aus derverfahrensgegenständlichen Tat bzw. den Taten ergeben. Kommtausschließlich eine charakterlicheUngeeignetheitin Betracht, muss die Anlasstat selbst tragfähigeRückschlüsse auf die Bereitschaft des Täters zulassen,die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellenZielen unterzuordnen (vgl.BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04- BGHSt 50, 93, 102 f.; BGH, Beschl. v.23.5.2012 – 5 StR185/12 - StraFo 2012, 282 mwN; BGH, Urt. v. 4.11.2014 - 1 StR 233/14 betr. Drogenauslieferungen mitPKW; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 20.6.2002 – 1 BvR2062/96 - NJW 2002, 2378, 2380).

[ VerkehrsspezifischerZusammenhang ]

35.10DieAnlasstat muss tragfähige Rückschlüssedarauf zulassen, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit desStraßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessenunterzuordnen (BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 -BGHSt 50, 93,102 f. - NJW 2005, 1952;BGH,Beschl. v. 24.8.2005 - 1 StR 335/05; BGH,Beschl. v. 31.5.2005 - 4StR 175/03; BGH,Beschl. v. 5.11.2002 - 4 StR 406/02 - NStZ 2003, 312;BGH,Beschl. v. 9.12.2005 - 2 StR 435/05; vgl. auch denVorlagebeschl.BGH,Beschl. v. 26.8.2004 - 4 StR 155/03; BGH,Beschl. v. 13.5.2004 - 1ARs 31/03 u. BGH,Beschl. v. 6.4.2004 - 4 StR 100/04; BGH,Beschl. v.28.10.2003 - 5 ARs 67/03; BGH, Beschl. v. 16.9.2003 - 4 StR85/03 4 StR155/03 4 StR 175/03 - StV 2004, 523 (Anfragebeschluss); vgl. auch BGH,Urt. v. 26.9.2003 - 2 StR 161/03; BGH,Beschl. v. 26.8.2004 - 4 StR85/034 StR 155/03 4 StR 175/03 - wistra 2004, 464(Vorlagebeschluss)).

Aus der Tat“kannsich die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen vonKraftfahrzeugen nur dann ergeben, wenn die Anlasstat selbsttragfähige Rückschlüsse auf die Bereitschaft desTäters zulässt, die Sicherheit des Straßenverkehrsseinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen (vgl.

BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 -BGHSt 50, 93, 102 f.; BGH, Beschl. v.23.5.2012 - 5 StR 185/12; König in Hentschel/König/Dauer,Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 69 StGB Rn. 13 mwN). DieBelange der Verkehrssicherheit sind in Kurierfällen, in denen derTäter im Fahrzeug Rauschgift transportiert, auch nicht ohneWeiteres beeinträchtigt; es besteht kein allgemeinerErfahrungssatz, dass Rauschgifttransporteure bei Verkehrskontrollen zubesonders riskanter Fahrweise entschlossen sind (BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 -BGHSt 50, 93, 104; BGH, Beschl. v. 23.5.2012 -5 StR 185/12; König, aaO, § 69 StGB Rn. 14b).

LeitsatzVerbringt der Täter das Tatopferunter Anwendung einer List in seinem Fahrzeug zu einem abgelegenen Ort,um dort eine Sexualstraftat zu begehen, so erweist er sich alleindadurch noch nicht als ungeeignet für das Führen vonKraftfahrzeugen im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB (BGH,Beschl. v. 21.6.2005 - 4 StR 28/05 - Ls. - NStZ-RR 2005, 307;imAnschluß an

BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 - NJW2005,1952).Auch wenn die Voraussetzungen des § 315bStGB unterBerücksichtigung der neueren Rechtsprechung (vgl. BGHSt 48,233 f.; vgl. auch Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. §315 b Rdn. 9) nicht anzunehmen sind, kann nach Einstellung desVerfahrens gemäß § 154Abs. 2 StPO in derRevisionsinstanz, der Maßregelspruch aufrechtzuerhalten sein,wenn die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubniswegen charakterlicher Ungeeignetheit nach wie vor vorliegen (§69 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 StGB). Dies ist jedenfalls dann der Fall,wenn der Angeklagte versucht hat, sich seiner Festnahme wegen desBetäubungsmitteldelikts und dem Auffinden der im Fahrzeugbefindlichen Betäubungsmittel durch die ihn verfolgendenPolizeibeamten zu entziehen, indem er mit einer Geschwindigkeit vonteilweise mehr als 100 km/h unter Missachtung der Verkehrsregelungdurch Lichtzeichensignalanlagen, Gefährdung einesPolizeibeamten und Beschädigung eines Fahrzeugs durch dasStadtgebiet fuhr. Er hat damit gezeigt, dass er bereit ist, dieSicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellenInteressen unterzuordnen (vgl.BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 -NJW 2005, 1957 f.; BGH,Beschl. v. 1.9.2005 - 4 StR 292/05). Ebenfallsbejaht wurde die Anordnung der Maßregel bei Ablenkung derAufmerksamkeit des 78-jährigen Angeklagten (Fahrers), der einzwölfjähriges Mädchen zu sexuellenHandlungen in sein Fahrzeug verbrachte und hierbei auch den Hund desMädchens in sein Fahrzeug beförderte, der denAngeklagten durch sein unkalkulierbares Verhalten ablenkte, als erwährend der Fahrt erbrach (vgl. BGH,Beschl. v. 19.9.2005 - 1StR 296/05).

Ein Erfahrungssatz, daß jeder Täter, derBetäubungsmittel in einem Kraftfahrzeug transportiert, deshalbzu besonders riskanter Fahrweise entschlossen ist, um sich im Zweifelauch um den Preis der Gefährdung anderer durch Flucht in einerFeststellung zu entziehen, besteht in dieser Allgemeinheit nicht (BGH,Beschl. v. 5.11.2002 - 4 StR 406/02 - NStZ 2003, 312; BGH,Beschl. v.3.12.2002 - 4 StR 458/02; BGH, Urt. v. 4.11.2014 - 1 StR233/14).

Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis unddamitauch für die Anordnung einer (isolierten) Sperrfrist nach§ 69aAbs. 1 StGB ist, daß der Täter dieTat "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen einesKraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten einesKraftfahrzeugführers begangen hat" (§ 69 Abs. 1 Satz1 StGB). Einen solchen Zusammenhang der dem Angeklagten angelastetenTat mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs besteht jedoch nicht,wenn weder der Angeklagte selbst noch ein Tatbeteiligter (vgl. BGHSt10, 333, 336) bei, vor oder nach Begehung der Tat ein Kraftfahrzeuggeführt haben und die Tat auch nicht unter Verletzung einerspezifisch einem Kraftfahrer im Straßenverkehr obliegendenPflicht begangen wurde. Dass die Tat gegen einen (anderen)Kraftfahrzeugführer gerichtet war, kann für sichgenommen auch dann nicht die Anordnung von Maßregeln nach§§ 69,69aStGB rechtfertigen, wenn die Tatangesichts ihrer Schwere auf eine charakterlicheUnzuverlässigkeit des Täters hinweist (vgl. BGH,Beschl. v. 10.10.2000 - 4 StR 381/00 - VersR 2001, 119 betr. Steinwurfaus 6 m Höhe von einer Tunnelbrüstung aufherausfahrenden PKW; vgl. auch OLG Celle NZV 1998, 170).

Sofern für die rechtswidrige Tat nicht die Regelvermutung des§ 69 Abs. 2 StGB gilt, erfordert die Prüfung dercharakterlichen Ungeeignetheit des Täters zum FührenvonKraftfahrzeugen nach der ständigen Rechtsprechung desBundesgerichtshofs regelmäßig eine dem Tatrichtervorbehaltene Gesamtwürdigung von Tat undTäterpersönlichkeit, soweit sie in der Tat zum Ausdruckgekommen ist (vgl.

BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 -BGHSt50, 93, 97; BGH,Beschl. v. 17.5.2000 – 3 StR 167/00 - BGHR StGB§ 69 Abs. 1;BGH, Beschl. v. 21.6.2016 - 4 StR 1/16 Rn. 11;MüKoStGB/Athing, 2. Aufl., § 69 Rn. 62 mwN).

Maßregelanordnunggegen Beifahrer

40Der3. Strafsenat des Bundesgerichtshof hat offen gelassen, ob er derin der Rechtsprechung vereinzelt vertretenen Auffassung zustimmen kann,wonach Maßregeln nach §§69,69a StGB auchgegen Beifahrer verhängt werden können (vgl. BGHSt10, 333; BGH bei Holtz MDR 1978, 986 und MDR 1981, 453; OLGDüsseldorf JMBI. NRW 2002, 208). Jedenfalls sind beiZugrundelegung dieser Auffassung besonders gewichtige Hinweise zufordern, aus denen sich die Ungeeignetheit des Angeklagten zumFühren von Kraftfahrzeugen ergibt (vgl. BGH,Beschl. v.9.10.2003 - 3 StR 322/03: verneint, weil entsprechendeHinweise nichtvorlagen; BGH,Beschl. v. 17.2.2004 - 4 StR 585/03 - NStZ 2004, 617:verneint, weilgewichtige Hinweise nicht vorlagen; BGH,Urt. v.20.11.2008 - 4 StR 328/08 - BGHSt 53, 55 - NStZ 2009, 148: bejaht beials Beihilfe zur vorsätzlichen Gefährdung desStraßenverkehrs gewerteten Verhalten - Beihilfehandlung beiAutorennen mit Todesfolge; BGH, Urt. v. 27.1.2011 - 4 StR502/10 - StV2011, 412: bejaht bei"Weisung" zum Überholmanöver und"verbalem Drängen" des Fahrers zum Ausbremsen desGeschädigten).

TypischeVerkehrsstraftaten

45Werbei oder im Zusammenhang mit dem Führen einesKraftfahrzeuges (§ 69 Abs. 1 StGB) ein "typischesVerkehrsdelikt" begeht, verstößtregelmäßig dadurch gegen die Pflichten einesKraftfahrers (vgl. BGH,Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 -BGHSt 50, 93, 97, 103); dabei sind Verkehrsstraftaten nicht alleinsolche, die im Katalog des § 69 Abs. 2 StGBaufgeführt sind (aaO 103; BGH,Urt. v. 5.9.2006 - 1 StR 107/06- NStZ-RR 2007, 89).

Eine in diesem Sinne typische Verkehrsstraftat ist auch das Fahren ohneFahrerlaubnis (vgl. Athing in MK-StGB § 69 StGB Rdn. 56;Herzog in NK-StGB 2. Aufl. § 69a Rdn. 10;Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 69 Rdn. 38;Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot im Straf-und Ordnungswidrigkeitenrecht 10. Aufl. Rdn. 602 m.w.N.). Wem dieErlaubnis fehlt, mit dem Pkw am öffentlichenStraßenverkehr teilzunehmen, der verletzt, wenn er estrotzdem tut, eine typische Pflicht im Zusammenhang mit demFühren eines Kraftfahrzeugs - Teilnahme amöffentlichen Verkehr nur mit Erlaubnis - in besondersaugenfälliger Weise (vgl.

BGH,Urt. v. 5.9.2006 - 1 StR 107/06- NStZ-RR 2007, 89).

Fahren ohne Fahrerlaubnis, zumal, wenn es häufig und nachgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis begangen wurde, deutet auffehlende charakterliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugenhin (vgl.

BGH,Urt. v. 5.9.2006 - 1 StR 107/06 -NStZ-RR 2007, 89;BayObLG bei Bär, DAR 1990, 361, 365; OLG Koblenz VRS 69, 298,300 f.; Athing aaO; Tröndle/Fischer aaO; Hentschel aaOm.w.N.). Freilich kann im Einzelfall auch eine andere Beurteilung inBetracht kommen (vgl.BGH,Urt. v. 5.9.2006 - 1 StR 107/06 -NStZ-RR2007, 89; Hentschel aaO Rdn. 602, 740 m.w.N.).siehe auch zur verwaltungsgerichtlichenBeurteilung derUngeeignetheit: VG Minden, Beschl. v. 06.11.2003 - 3 L 1106/03 sieheferner: Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG

§ 69Abs. 2 StGB


... (2) Ist dierechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 einVergehen
1. der Gefährdungdes Straßenverkehrs (§315c),
2. der Trunkenheitim Verkehr (§ 316),
3. des unerlaubtenEntfernens vom Unfallort (§ 142), obwohlder Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötetodernicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutenderSchaden entstanden ist, oder
4. desVollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nachden Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täterin der Regel als ungeeignet zumFühren von Kraftfahrzeugen anzusehen. ...

Schadensbegriffdes § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB

65DerSchadensbegriff des§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist nach dem Normzweck des §142StGBzu bestimmen, der dem Interesse der Unfallbeteiligten an derAufklärung der Unfallursachen zur Klarstellung derprivatrechtlichen Verantwortlichkeit und damit an der Sicherung bzw.Abwehr zivilrechtlicher Ersatzansprüche dient (vgl. Geppertin:Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 69 Rn. 84,§ 142Rn. 1; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder aaO§ 142Rn. 1a m.w.N.). Maßgeblich ist daher nicht der reineSachschaden,sondern der Geldbetrag, der erforderlich ist, den Geschädigtensozu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nichteingetreten (vgl. MünchKommStGB/Athing § 69 Rn. 70m.w.N.).Deswegen sind neben den Reparaturkosten auch Bergungs- undAbschleppkosten einzubeziehen (BGH, Beschl. v. 28.9.2010 - 4 StR 245/10- NStZ 2011, 215).

Die Grenze zum bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2Nr. 3StGB liegt bei 1.300 Euro (vgl. BGH, Beschl. v. 28.9.2010 - 4 StR245/10 - NStZ 2011, 215; OLG Thüringen, Beschl. v. 17.9.2008 -1Ss 167/08 - OLGSt StGB § 315c Nr. 16).

siehezur Wertgrenze der §§ 315b, 315c StGB: §315b StGB Rdn. 35.2 - Fremde Sachen von bedeutendem Wert

§ 69Abs. 3 StGB


... (3) DieFahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein voneiner deutschenBehörde ausgestellter Führerschein wird im Urteileingezogen.

Entziehungeiner ausländischen Fahrerlaubnis

95Liegenzwar dieVoraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB vor, weshalbdemAngeklagten die (ausländische) Fahrerlaubnis entzogen undverbunden damit eine Sperrfrist bestimmt werden durfte(§§69,69aStGB) - dies etwa auch vor dem Hintergrund, dass einetürkische Fahrerlaubnis nicht zum Führen einesFahrzeugs imInland berechtigt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.12.2010 - 2 StR 416/10; BGH,Beschl. v.3.9.1998 -4 StR 243/98 - BGHSt 44, 194,195 f. -NJW 1999, 228) - darf demgegenüber derausländischeFührerschein selbst nichteingezogen werden(vgl. § 69 Abs. 3 Satz 2 StGB). An die Stelle der Einziehungtrittgemäß § 69bAbs. 2 Satz 2 StGB ein Vermerküberdie Entziehung der Fahrerlaubnis und die Dauer der Sperre in demausländischen Führerschein (vgl. BGH, Beschl. v.22.12.2010 -2 StR 416/10 betr.türkische Fahrerlaubnis; betr. EU-Führerscheinensiehe § 69b Abs. 2 Satz 1 StGB).

Urteil

Urteilsformel

U.1DerMaßregelausspruch ist dahingehend zu fassen, dass dem Angeklagten die Fahrerlaubnisentzogenwird (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB). Dies zieht nach § 69Abs. 3 Satz 2 StGB die Einziehung des Führerscheins als zwingendeFolge nach sich (vgl. BGH, Beschl. v. 17.2.2016 - 4 StR 584/15). Wirddie Fahrerlaubnis des Angeklagten entzogen, bedarf es desAusspruchs auch insoweit, als auch die Einziehung desFührerscheins ausgesprochen werden muß (§69 Abs. 3 Satz 2 StGB; vgl. BGH,Beschl. v. 11.7.2001 - 2 StR 210/01).Dies kann ggfls. vom Revisionsgericht nachgeholt werden (vgl. u.a. BGH,Beschl. v. 17.6.1998 - 2 StR 218/98;BGH,Beschl. v. 11.7.2001 - 2 StR 210/01).Das Verschlechterungsverbot des § 358Abs. 2 StPO stehtder Nachholung dieser Anordnung nicht entgegen (st. Rspr. vgl. BGH,Beschl. v. 8.10.2014 – 4 StR 262/14 - BGHR StPO § 358 Abs. 2Nachteil 16 mwN; BGH, Beschl. v. 17.2.2016 - 4 StR 584/15).

Soll einem Täter wegen einer anderen Straftat, die nicht indem Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthalten ist, dieFahrerlaubnis entzogen werden, muß der Tatrichter eineGesamtwürdigung der Tatumstände und derTäterpersönlichkeit vornehmen, mit der die fehlendeEignung belegt wird, wobei der Umfang der Darlegung vom Einzelfallabhängt (BGHR StGB § 29 Abs. 1 Entziehung 6, 7; BGHStV 1999, 18 f.; BGH,Beschl. v. 17.5.2000 - 3 StR 167/00 - NStZ-RR2000, 297).

Eines Ausspruchs über die Aufrechterhaltung der Entziehung derFahrerlaubnis und der Einziehung des Führerscheins bedarf esnicht, wenn diese Rechtsfolgen unmittelbar mit der Rechtskraft deseinbezogenen Urteils wirksam wurden und sich deshalb erledigt haben(vgl. BGH NStZ-RR 2004, 247; BGH,Beschl. v. 6.8.2009 - 3 StR 296/09).

siehe auch: NachträglicheBildung der Gesamtstrafe,§ 55 StGB--> Abs. 2;

Der Maßregelausspruch im angefochtenen Urteil ist ggfls. auchdurch das Rechtsmittelgericht dahin zu ergänzen, dass derFührerschein des Angeklagten eingezogen wird. DasVerschlechterungsverbot des §

358Abs. 2 StPO steht derNachholung dieser gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2StGB zwingenden Anordnung nicht entgegen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 5, 168,178; BGH, Beschl. v. 11.6.1997 - 2 StR 137/97; BGH,Beschl. v. 4.9.2007- 4 StR 393/07; BGH,Beschl. v. 29.4.2008 - 4 StR 148/08 - wistra 2008,305).

Die vom Tatrichter in Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnisunterlassene Einziehung des Führerscheins kann dasRevisionsgericht nachholen. Hat daher das Tatgericht lediglich dieFahrerlaubnis des Angeklagten entzogen und eine Sperrfrist fürderen Wiedererteilung festgesetzt, bedarf der Urteilsspruch derErgänzung insoweit, als auch die Einziehung desFührerscheins ausgesprochen werden muß (§69 Abs. 3 Satz 2 StGB). Das kann das Revisionsgericht nachholen (vgl.BGHSt 5, 168, 178 f.; BGH, Beschl. v. 9.10.2002 - 2 StR326/02; BGH,Beschl. v. 5.11.2002 - 4 StR 381/02;Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 69 Rdn. 16a).

Durch Zeitablauf kann im Instanzenzug sich eine angeordnete Sperrfristfür die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis erledigen. Derdiesbezügliche Ausspruch entfällt dann.Aufrechtzuerhalten ist insoweit lediglich die Anordnung überdie Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BGH StV 1983, 14; NStZ 1996,433; BGH,Beschl. v. 19.2.2002 - 1 StR 5/02 - NJW 2002, 1813).

Beispiel: "... wird mit der Maßgabe alsunbegründetverworfen, daß der Ausspruch über dieAufrechterhaltung der im Urteil des .. vom ... angeordnetenMaßregel hinsichtlich der Sperrfrist für dieErteilung einer neuen Fahrerlaubnis entfällt. ..."

siehe auch: NachträglicheBildung der Gesamtstrafe,§ 55 StGB--> Abs. 2; Fahrerlaubnissperre, §69a StGB

Hat der Täter keine (in- oder ausländische)Fahrerlaubnis und liegen die Voraussetzungen des § 69 StGBvor, so wird gemäß § 69aAbs. 1 Satz 3 StGBnur die Sperreangeordnet (vgl. BGHSt 44, 194, 196; BGH,Beschl. v.26.7.2005 - 4 StR 271/05).

Prozessuales

SelbständigeAnordnung der Fahrerlaubnisentziehung

Z.2
DieEntziehung der Fahrerlaubnis kann das Gericht auchselbständig anordnen, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeitoder Verhandlungsunfähigkeitdes Täters undurchführbar ist (§ 71Abs. 2StGB).

Verfahren

Z.4

[ Verbotder Doppelbestrafung - ne bis in idem ]

Z.4.1
DasDoppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs.3 GG - Prozessgrundrecht- gilt nicht für die Anordnung von Maßregeln derBesserung und Sicherung (vgl. BGH,Beschl. v. 15.4.2008 - 5 StR 431/07- BGHSt 52, 205 ff. - NStZ 2008, 330).

siehe auch: § 1StGB, Keine Strafe ohne Gesetz--> Rdn. 25.2

Gesetze

Z.8

[ Verweisungen]

Z.8.1In § 69 StGB wird verwiesen auf:

§ 62StGB sieheauch: Grundsatz derVerhältnismäßigkeit, § 62 StGB
§ 142StGB sieheauch: UnerlaubtesEntfernen vom Unfallort, § 142 StGB
§ 315cStGB sieheauch:Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB
§ 316StGB sieheauch: Trunkenheit imVerkehr, § 316 StGB
§ 323aStGB sieheauch: Vollrausch,§ 323a StGB

Auf § 69 StGB wird verwiesen in:

§ 44StGB sieheauch: Fahrverbot,§ 44 StGB

§ 111aStPO sieheauch: § 111aStPO, Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
§ 473StPO sieheauch: § 473StPO, Kosten und Auslagen bei Rechtsmittel


§ 69 StGB - Entziehung der Fahrerlaubnis (1)

Strafgesetzbuch -Allgemeiner Teil - 3. Abschnitt (Rechtsfolgen derTat) 6. Titel (Maßregeln der Besserung und Sicherung)

§ 69 StGB - Entziehung der Fahrerlaubnis (2025)
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